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Wissen ist Macht glaubt der Gelehrte, doch der Agitator weiß: Die Unwissenheit der anderen ist meine Macht. In diesem Buch lernt der Agitator alles was nötig ist, um Menschen und Meinungen zu manipulieren.
Einleitung
Im Gegensatz zu dem, was die meisten Menschen glauben, haben Fakten nichts mit Realität zu tun. Fakten sind vielmehr die Behauptungen, die mit Beweisen belegt wurden. Auch die Beweise haben nichts mit der Realität zu tun. Beweise sind einfach nur Informationen, die eine Behauptung glaubhaft machen. Die Frage ist also nicht, ob es wahr ist, sondern ob es überzeugend genug ist.
Es gibt verschiedene Wahrheiten. Einige sind offensichtlich. Andere sind nur schwer zu entdecken, aber nicht weniger wirklich. Aber der Agitator kennt auch die künstliche Wahrheit, von anderen auch Lüge genannt. Die wird von ihm erschaffen und muss unters Volk gebracht werden. Außerdem gibt es noch die falsche Wahrheit, die zwar der Realität entspricht, aber bei der Agitation stört. Die falsche Wahrheit wird geheim gehalten oder dementiert, solange es geht.
Das Bild, das der Agitator von der Wirklichkeit vermittelt, bringt den Pöbel dazu, die Ziele des Agitators zu unterstützen. So muss ein Arbeitgeber bei Tarifverhandlungen glaubhaft machen, dass die Firma nahezu pleite ist und Gehaltserhöhungen absolut ausgeschlossen sind. Da darf es auch keine Rolle spielen, dass die Firma gerade Rekordgewinne verzeichnet.
So muss zum Beispiel ein Innenminister dem Volk glaubhaft machen, dass die öffentliche Sicherheit gefährdet ist, um Bürgerrechte zu beschneiden und mehr Geld für die innere Sicherheit zu erhalten. Eine sinkende Anzahl von Straftaten ist dabei störend, aber kein Hindernis.
Die Mittel der Manipulation
Glaubt doch, was ihr wollt
Was zuerst kontraproduktiv klingt, ist einleuchtend, wenn man darüber nachdenkt. Natürlich kann man nicht zulassen, dass der Pöbel sich eine eigene Meinung bildet. Doch die Menschen glauben gern, was sie glauben wollen. Wenn man also auf die Wünsche eingeht, ist es leichter, sie zu überzeugen.
Ranschmeißen
Niemand mag es, wenn man ihm Vorwürfe macht. Also einfach keine Vorwürfe machen. Selbst wenn das Volk faul, dumm und unfähig ist, darf man es nicht sagen. Komplimente hingegen nimmt der Mob lieber an. Wenn eine Lüge an ein Kompliment geknüpft ist, wird sie besser angenommen.
Frohsinn
Menschen hören gerne gute Neuigkeiten. Erzählen sie dem Pöbel öfter mal etwas schönes, dann wird man ihnen immer wieder gerne zuhören. Außerdem profitieren sie dann davon, dass Zweifler einen schlechten Stand haben. Wer schönes hinterfragt ist ein nörgeliger Miesepeter und alle hassen ihn.
Sündenbock
Es gibt viele Probleme auf der Welt und jeder möchte gerne wissen, woher diese Probleme kommen, nur so kann man sie lösen. Als Agitator muss man die Probleme aber nicht lösen, man muss sie nur jemandem in die Schuhe schieben. Am besten gibt man ungeliebten Randgruppen die Schuld, das glaubt jeder gern. Man kann die Schuld an Problemen jeder Art aber überall finden: bei der Weltwirtschaft, bei den Geheimverschwörungen die jeder kennt, beim Fortschritt, bei den faulen und gierigen Politikern, bei den Göttern, bei den Medien oder beim bösen Wolf.
Verbinden
Will man eine künstliche Wahrheit (Lüge) vermitteln, so kann man sie mit einer offensichtlichen Wahrheit verbinden. Gut ist, wenn die Verbindung logisch wirkt oder wenigstens umfangereich und komplex (unverständlich) begründet wird. Doch es geht auch ohne Logik.
Das Konzept der Regierung ist fehlgeschlagen, das Konzept der Opposition wäre besser gewesen. Die Unfähigkeit der Regierung ist offensichtlich, ganz gleich, wer regiert. Die Opposition (wenn es eine gibt) nutzt dies gern als Argument, um ihre eigene Kompetenz zu begründen. In Wirklichkeit ist die Opposition oft gleichermaßen unfähig, es fehlt ihr nur die Gelegenheit öffentlich zu versagen, weil die Macht fehlt etwas zu tun. Wer nichts macht, macht auch nichts falsches.
Wer schreibt, der bleibt
Die Beständigkeit des Geschriebenen täuscht Verlässlichkeit vor. Was schwarz auf weiß geschrieben steht, wirkt immer überzeugender als das gesprochene Wort. Wenn dann noch ein Stempel oder ein berühmter Name darunter steht, glauben die Leute einfach alles. Der Pöbel kann den Beweis sogar mit sich nehmen und allen Zweiflern unter die Nase halten. Das gibt Sicherheit im Glauben.
Quellen
Wenn man selbst als verlogenes Schandmaul berüchtigt ist, kann man glaubwürdigere Quellen angeben, um die eigenen dreckigen Lügen mit einem Glanz von Glaubwürdigkeit zu verdecken, Zitate sind gut geeignet. Man kann einzelne Sätze aus dem Zusammenhang reißen, die Hintergründe verdrehen oder ganz neue Zitate schreiben und sie einer anerkannten Person in den Mund legen. Wichtig ist nur, dass niemand dahinterkommt.
Eine beliebte Art von Zitaten ist die sogenannte Volksweisheit. Das Wort ist in sich ein Widerspruch, wäre das Volk weise, ließe es sich nicht manipulieren. Doch die Menschen glauben gerne den Blödsinn, der aus früheren Generationen überliefert wurde. Würde es nicht stimmen, hätte es sich nicht bis heute gehalten, so die irrige Annahme.
Wie schwachsinnig diese Annahme ist, soll nun an einem Beispiel belegt werden: Kindermund tut Wahrheit kund. Natürlich fehlt den meisten Kindern die intelektuelle Reife zum Lügen, doch ist ihr Geplapper dadurch automatisch wahr? Wohl kaum! Zwar sagen sie nur, was sie auch selber glauben, doch die kleinen Opfer glauben doch fast alles. Sie sind der Prototyp des naiven Pöbels.
Reime und Prägnanz
Es muss nicht stimmen, man muss es sich nur merken können. Mit diesen Worten kann man die meisten Sprichwörter und Lebensregeln rechtfertigen. Je kürzer die Aussage, desto besser. Wenn sie sich auch noch reimt, steigert das den Effekt, denn das legt nahe, dass sich jemand Gedanken darüber gemacht hat. Die Reime müssen nicht einmal einen poetischen Anspruch erfüllen: Froh zu sein bedarf es wenig und wer froh ist, ist ein König. Wie nun? Reimt sich wönig auf König oder sollte der Reim wenig und Kenig heißen?
Weder Reim noch Takt müssen ausgereift sein, nicht einmal der Gedanke selbst. Im Gegenteil, je primitiver ein Spruch ist, das heißt je näher am Volk, desto eher wird sich der Pöbel damit infizieren. Mit einer stimmhaften Melodie ist eine Lüge in windeseile um die Welt getragen. Am besten, die Sprüche beginnen mit Ole - ole, ole, ole, dann haben alle ihren Spaß daran.
Statistiken
Ein bekannter Spruch verrät: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Obwohl dieser Spruch so bekannt ist, wie die vielen gefälschten Statistiken der Mediengeschichte, wirkt sogar der wahnwitzigste Irrsinn seriöser, wenn Tabellen, Zahlen und bunte Grafiken den Unsinn belegen.
Der Grund dafür ist schnell gefunden: Es ist wissenschaftlich. Der Glaube der Menschen an die Wissenschaft ist unerschütterlich, denn Wissenschaftler wissen Dinge, die der Pöbel nicht versteht.
Natürlich muss man keine aufwendigen Untersuchungen machen, um mit schönen Zahlen einen Hauch von wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Das beste Beispiel bietet die Werbung. Da wird uns eine Creme feilgeboten, bei der sich der Kunde schon nach zwei Wochen Anwendung über bis zu 95% strahlenderen Taint freuen darf. Hat jemals jemand nachgefragt, wie die Strahlung eines Taints gemessen wird? Mit einem Geigerzähler vielleicht? Wer hat ermittelt, wie viel 100% strahlender Taint sind? Und wieso sehen die Frauen in der Werbung immer jung aus, aber die Kundinen so runzlig?
Was angeblich wissenschaftlich erwiesen wurde, vielleicht sogar noch in Labors oder bei Umfragen, das vermag zu überzeugen. 95% der Menschen würden sogar glauben, dass Kölsch aus Abwasser hergestellt wird, wenn das durch eine Untersuchung belegt wird.
Nicht nur auf die Zahlen selbst kommt es an. Auch die Art der Präsentation ist entscheidend. Wenn Zahlen vorliegen, die sich auch mit gefälschten Untersuchungen nicht ändern lassen, dann muss man diese nur richtig falsch präsentieren, um eine beliebige Wirkung damit zu erzielen. Die folgende Grafik zeigt den Verlauf einer fiktiven Aktie, verändert wurde lediglich die Skala, die Zahlen sind absolut gleich.
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Links: Dramtischer Kurssturz in nur 4 Tagen,
Rechts: Fester Kurs auf hohem Niveau
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Bilder
Viele Leute glauben lieber ihren Augen als ihrem Verstand, weil sie wissen, welches von beidem schärfer ist. Selbst die unmöglichsten Dinge werden mit Bildern vorstellbar. Bilder machen vieles anschaulich und verständlich, oft reicht schon eine Skizze aus. Doch am glaubwürdigsten sind Fotos. Egal wie verwackelt oder schlecht belichtet sie sind, ein Foto gilt immer als Abbild der Realität.
Natürlich sind Bilder kein endgültiger Beweis, aber oft reichen sie aus, die Beweislast zu verschieben. Belastet man einen Gegner mit einem Bild, muss man nicht mehr die Schuld des Gegners beweisen, der Gegner muss seine Unschuld beweisen. Vor Gericht gilt: in dubio pro reo (im Zweifel für den Angeklagten), doch der Pöbel ist kein Richter. In der öffentlichen Meinung gilt: Wenn er unschuldig wäre, würde man ihn nicht verdächtigen.
Der Effekt der Bilder beschränkt sich nicht auf die visuelle Darstellung. Wer eine Geschichte erzählt, sollte sie mit Bildern ausschmücken. Das heißt, alles anschaulich zu machen. Egal wie absurd die Geschichte ist, durch realistische Details wird sie glaubhaft.
Lügen - dicke, fette Lügen
Manchmal stört Glaubwürdigkeit, wenn man eine Geschichte glaubhaft machen will. Das klingt verrückt? Ist es auch. Es ist eben menschlich. Eine Geschichte, die völlig absurd ist, kann nur stimmen. Es gibt eben Geschichten, die nur das Leben schreiben kann, oder?
Ein Beispiel dafür ist die folgende, wahre Begebenheit: Im US Amerikanischen Parlament fand eine Abstimmung über die Amtssprache der USA statt. Dabei standen Englisch und Deutsch zur Wahl, denn die meisten Einwohner der USA sprachen eine der beiden Sprachen. Die Entscheidung wurde mit nur einer Stimme Mehrheit gefällt und sie fiel auf die englische Sprache, denn ein Abgeordneter fehlte. Wie war wohl seine Ausrede?
Viele kennen diese Geschichte und es gibt immer noch Menschen, die diesen himmelschreienden Unsinn glauben. Die USA bestand von Anfang an aus englischen oder wenigstens französischen Kolonien. Warum sollte Deutsch die Amtssprache werden?! Nein, diese Geschichte ist purer Unsinn und wurde wahrscheinlich von deutschen Nationalisten ersponnen. Doch obwohl sie beim genaueren Hinschauen absolut hirnrissig ist, wurde sie geglaubt und viele kennen und glauben sie heute noch.
Alles wiederholen
Nicht zuletzt hilfreich ist es, Lügen zu wiederholen, bis sie nur noch wahr sein können. Je mehr Menschen Außerirdische sehen, desto mehr Menschen bekommen Zweifel daran, dass wir im Weltall allein sind. Und umso mehr Menschen sehen wieder Außerirdische. Ein einfaches Prinzip, das schon mit den Engeln geklappt hat.
Natürlich gibt es Außerirdische und sicher auch hier auf der Erde. (Lässt sich sonst die Existenz von Michael Jackson erklären?) Aber warum sollten diese Außerirdischen Millionen Lichtjahre durchs All brettern und dann hier im Orbit vergessen, das Licht auszumachen, so dass sie jeder sieht?
Oder wollen sie gesehen werden? Nun wenn sie gesehen werden wollen, dann sollen landen und zum Geplauder einladen, und nicht Kuckuck - da bin ich - wieder weg mit uns spielen.
Letztendlich ist es egal, wie dumm eine Geschichte ist, wenn man sie nur oft genug hört, glaubt man daran. Oder gibt es irgendwelche Beweise dafür, dass bei Ikea-Produkten immer eine Schraube fehlt? Nein! Ich habe zwei Kissen und eine Decke bei Ikea gekauft und alles war vollständig! Nur bei dem Bett dachte ich, es würde etwas fehlen, bis ich gemerkt habe, dass ich einen Tisch gekauft habe.
Gefahren für den Agitator
Zweifler
Das wohl schwierigste Publikum ist das, das mitdenkt. Eine hirnlose Masse zu überzeugen fällt leicht, doch wenn das Publikum hinterfragt, ist der Agitator schnell mit seinem Latein am Ende. Hierbei gilt: Ruhe bewahren, Reden ist silber, Schweigen ist gold.
Menschen, die alles hinterfragen stehen meistens allein. Niemand mag Klugscheißer. Wenn man auf sie Rücksicht nimmt, gibt man ihnen nur mehr Macht, als ihnen zusteht. Besser ist es, sie totzuschweigen. Sollte das Schweigen nicht genügen, kann man auch mit Waffen nachhelfen lassen.
Konkurrenz
Der mächtigste Gegner des Agitators ist ein anderer Agitator. Der kennt Mittel, die Lügen seines Gegners zu entlarven und den Pöbel aufzuhetzen. Doch wer einen Lügner enttarnt, säht stets Zweifel. Je misstrauischer die Massen sind, desto schwerer wird die Arbeit eines jeden Agitators.
Deshalb sollte man Konkurrenz nicht im Streit lösen. Es gibt genug Lügen für alle. Man sollte die Lügen des Gegners nicht aufdecken, sondern die eigenen Lügen entgegenstellen. Das verwirrt den Pöbel. Am Ende weiß er gar nicht mehr, was er glauben kann und wird entweder paranoid oder gleichgültig. Politikverdrossenheit ist die Summe aller Lügen und der Freibrief für Politiker.
Bildung
Je gebildeter das Publikum, desto schwerer der Betrug. Einem ungebildeten Publikum fehlt es an Wissen, Lügen zu entdecken. Doch es ist nicht die Unfähigkeit zu denken, sondern die mangelnde Übung, die einen Menschen zum Vollidioten macht.
Deshalb empfiehlt es sich, den Menschen den Anreiz zum Nachdenken zu nehmen. Die wichtigsten Mittel dafür sind Unterhaltungsmedien, Freizeitentertainment und ständige Überarbeitung durch berufliche Auslastung. Wenn der Mensch sich mit hirnlosem Spaß oder stumpfsinniger Arbeit auslastet, fehlt ihm die Energie zum Denken.
Auch die Bildungspolitik kann einen wichtigen Teil zur Gefügsamkeit der Massen beitragen. Ein dummes Volk regiert sich leichter. Das soll nicht heißen, dass Schulen abgeschafft werden sollen, das wäre zu offensichtlich. Besser ist es, die Kinder in den Schulen auf ein niedriges Niveau herabzulehren. Niedrig genug, um sich regieren zu lassen und hoch genug, um sie als Arbeitskraft noch nutzen zu können.
Informationen
Der Agitator überhäuft den Pöbel mit Lügen und Propaganda. Das kann aber nur fruchten, wenn die Wirklichkeit verborgen bleibt. Das erreicht man mit verschiedenen Methoden.
Besteht die Möglichkeit, delikate Informationen geheim zu halten, sollte man es versuchen. Sollte jemand diese Verschwörung aufdecken, bezeichnet man ihn öffentlich als Spinner und macht ihn lächerlich.
Manche Information kann man nicht mehr zurückhalten. Doch mit TOP-NEWS über die europäischen Adelshäuser und Sport kann man ablenken von der Umweltzerstörung und der Ungerechtigkeit auf Erden. Wichtig ist nicht, was der Pöbel aufnehmen könnte, sondern was er aufnehmen will.
Auch dieses Buch wäre in den falschen Händen eine Gefahr. Denn hier könnte der Pöbel erfahren, wie leicht es ist, ihn über den Tisch zu ziehen. Wüsste er die Tricks der Agitatoren, wäre ihre wichtige Aufgabe fast nicht mehr zu schaffen. Deshalb dürfen diese Worte auch nie an die Öffentlichkeit gelangen.
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